Wenn 26 Fahrerinnen und Fahrer zum Rennbahnfahren zusammen kommen, dann ist das in Coronazeiten an sich schon etwas ganz Besonderes. Wenn dann originallackierte Modelle historischer Klassiker des Porsche 917K und des Ferrari 512M ausgefahren werden, ist dies zusätzlich ein optischer Genuss. Wenn die dabei eingesetzten Modelle keine Selbstbau-DSC-Klassiker sind, sondern stattdessen längst vergriffene Fertigfahrzeuge und Bausatzmodelle von BRM, die man auf deutschen Clubbahnen gefühlt eigentlich nie sieht, dann ist dies schon extrem außergewöhnlich.

Die ganz überwiegende Anzahl der Modelle entfiel auf Porsche 917K. Nicht weniger als 22 bildeten den Kern des Karfreitag-Fahrzeugfeldes, während sich nur 4 Piloten der Herausforderung stellten, mit ihren deutlich schmaleren und übergewichtigen Ferrari 512M der Porscheflottille Paroli bieten zu wollen. Lediglich 7 der eingesetzten 26 Fahrzeuge waren dabei BRM-Fertigfahrzeuge. Alle anderen Modelle entstanden nach Originalvorbildern aus Whitekits, die auf 4 Erdteilen im Original eingesetzt wurden, nämlich in Japan, Südafrika, Nordamerika und Europa.

Endlich hat die Standzeit ein Ende

Nach über 2 Jahren kam am Karfreitag die 5-Liter-Bilsteinringgemeinde an der Strecke des Kasseler Slotracingclubs zusammen, um endlich wieder einmal die bildschönen BRM-Klassiker auszufahren, denn die beengten Platzverhältnisse in Besse lassen dort ein derartiges Treffen leider mit einem guten Gefühl noch immer nicht zu.

Verstärkt wurde die Gruppe dabei mit Teilnehmern aus der nordhessischen Revoslotmeisterschaft und zusätzlichen Freeslottern, die sich aus der Ferne angesagt und teils über 2 Stunden Anreisezeit auf sich genommen hatten, um an diesem – in dieser Größe bundesweit sicherlich beispiellosen – Event dabei zu sein. Wie am Bilsteinring und in Dahlheim üblich, fehlte dabei die weibliche Note auch beim SRK nicht an der Bahn, denn nicht weniger als 4 Amazonen mischten ordentlich mit.

Das Ringen um den besten Startplatz

Das Qualifying selbst wurde, wie beim SRK gewohnt, auf der zentralen dritten Spur ausgefahren und dort machte eine ganze Reihe der TeilnehmerInnnen nachhaltig auf sich aufmerksam. Andi H. fuhr so gut wie noch nie und sicherte sich einen sehr ordentlichen 17. Startplatz. Bianca schaffte es, sich als 15. für das dritte Startfeld zu qualifizieren. Dummerweise rollte sie dabei prompt neben Poldi aus, der mit der exakt gleichen grünen Fuji-Piper-Variante des 917K an den Start gehen sollte, die man oben im dynamischen Rennbild auch sieht. Den gegenseitgen Durchblick verloren die beiden im Rennen danach gottlob aber nicht.

Knödl setzte sich in seinem persönlichen SRK-Zweikampf gegen Chrizz durch und platzierte sich unmittelbar vor ihm als Zwölfter. Roland strahlte währenddessen vom linken bis zum rechten Ohr, denn er hatte den blauen Salzburg-917 als Neunter in den zweitbesten Lauf gesteuert und sich zusätzlich auch noch unmittelbar vor dem roten Schwesterauto Reinis klassiert. Eine wirklich beeindruckende Leistung.

Apropos beeindruckend: Nils war zuvor noch nie an der Bahn in Kassel. Und als 18jähriger Jungspund zeigte er als Siebter im Qualifying eine sensationelle Performance. Irre. Vor ihm setzte Dirk die schnellste Zeit, die noch eine “8” an erster Stelle auswies. Auch das war eine Klasseleistung, denn Werner als Qualiachter war beispielsweise in der Qualifikation nicht in der Lage, diesen beiden Konkurrenten zu folgen.

Im Toplauf waren nur 7er-Zeiten unter sich und überraschenderweise sah man dort drei gar nicht so kipplige 512M und deshalb nur zwei 917er. Marcowitsch als Fünfter musste das Maranellotrio zwar noch ziehen lassen, doch zumindest Jörg bewies abermals, was für ein Klassepilot er doch ist. Seine Revosloterfahrungen nutzte er dazu, mit 7,739 sec. die Topzeit in der Qualifikation zu setzen und von der Spitze das 26köpfige Teilnehmerfeld zu grüßen. Die Startaufstellung erinnerte insoweit verdammt an Le Mans 1970 oder 1971, doch seht selbst:

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Ready to race…

Die Gruppe der Qualifikanten 21-26 ging als einzige Sechsergruppe in das 30-minütige Hauptrennen. Für Marc ging es hier darum, den Anschluss zum restlichen Feld herzustellen, da der Zeitabstand in der Qualifikation doch schon recht groß war. Das sollte ihm gelingen und der einzige Ferrari außerhalb des Topfeldes schwamm wirklich gut im Feld der Porschekonkurrenz mit, auch wenn er den Platz ganz hinten im Bus nicht abwenden konnte. Das Rennen der sechs PilotInnen entschieden übrigens die beiden Amazonen für sich und Fabienne machte dabei den größten Satz nach vorn. Von Qualiplatz 24 ging es im Rennen auf 17, das fühlte sich richtig gut an. Richtig gut ist ein schöner Hinweis.

Den BRM-Modellen wird ja immer wieder vorgeworfen, dass sie nicht sonderlich gut laufen, nicht zuletzt auch wegen ihrer Unzulänglichkeiten, aufgrund des chronisch verzogenen Kunststoffmotorpods und der daraus resultierenden Probleme. Dass diese Modelle auf Holz im relativen Serientrimm mit PRO-Comp3-Fertigrädern von Scaleauto jedoch richtig gut performen, das zeigt der Film im Anschluss. Hier fahren wohlbemerkt nicht die Besten, sondern die Qualifikanten der Plätze 21 bis 26. Das sieht man dem Filmausschnitt allerdings überhaupt nicht an, ganz im Gegenteil…

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Die Qualigruppe 16-20 hatte sich zum Ziel gesetzt, einerseits die bereits zuvor Gestarteten zu überflügeln und andererseits Druck auf die danach Startenden auszuüben, um sich so im Klassement weiter nach vorn robben zu können. Bei Ecki und Andi H. klappte das leider nicht. Ersterer hatte Probleme mit seinem Regler, letzterer mit den Außenspuren. So rutschten sie im Klassement ab und landeten “nur” auf den Plätzen 22 und 23. Während Sandra unterdessen ihren zwanzigsten Platz verteidigte, ging es für Felix richtig nach vorn. Reihenweise setzte er 7er-Rundenzeiten und seine 210 Runden waren für Gesamtwertungsplatz 11 im Hauptrennen gut. Das war sehr beeindruckend und kam zu allem Überfluss auch noch mit einem Leihwagen Reinis zustande. Die unendliche Geschichte des “vergessenen Esc. Nacional 917ers” dürfte am Karfreitag jedoch ihren Schlusspunkt gefunden haben. Hoffentlich. Grinz.

Auf dem ersten Bild sieht man das Topfeld des Hauptrennens vor dem Start. Hier lieferte Robse mit seinem rot-goldenen 512er eine annähernd perfekte Vorstellung ab. Respekteinflößend war das.

Anmerkungen zum Reglement…

Ein Blick auf den Parc Fermé des zweiten Bildes zeigt alle 26 eingesetzten Boliden.

Das Mindestgewicht von 165 Gramm ist für die allermeisten 512er nicht zu schaffen. Aus der Kiste heraus wiegen sie in der Regel über 170 Gramm. Die Mindestfahrwerkshöhe von 1mm lässt sich bei allen leicht mit Unterlegscheiben in den Federelementen einstellen. In der Regel müssen dabei links mehr Scheiben hinzugefügt werden als rechts. Der durch den Motorhaltebügel verzogene Pod macht diesen ungewöhnlichen Schritt notwendig. Die begrenzten Achsbreiten vorn und hinten (79,5 und 81mm) sind hingegen notwendig, um dem 512er überhaupt Siegchancen zu eröffnen, denn mit durchaus realisierbaren 83er und 84er Hinterachsbreiten führen die 917er erst recht Kreise um die italienische Konkurrenz…

Die offenen Fragen der dritten Startgruppe standen unter den Vorzeichen, wie gut würde sich Bianca in Szene setzen können, wie stark performen die angereisten Gäste Poldi und Markus und könnte Chrizz den lieben Knödl noch überflügeln? Bianca machte ihre Sache wirklich erstklassig. Verbissen versuchte sie, den Anschluss an ihre Mitfahrer zu halten und die bereits gestartete Konkurrenz zu distanzieren. Nur Felix schaffte es von denen, sich an ihr noch vorbeizuquetschen. Damit hatte Bianca sich einen wirklich beachtlichen sechzehnten Platz, unmittelbar vor Fabienne und Sabrina, gesichert und somit den Amazonenwettstreit für sich entschieden. Chrizz musste Knödl allerdings ziehen lassen und auch Markus, der als Gast die Bahn ja auch überhaupt gar nicht kannte, war letztlich 15 Teilstriche besser. Ursächlich dafür waren zu viele Fahrfehler, denn Chrizz erreichte im direkten Vergleich die deutlich besseren Spitzenzeiten bei den Rennrunden. Poldi war unterdessen der einzige, der auch Felix noch überflügeln konnte. Damit hatte er am Ende den zehnten Platz im Hauptrennen sicher. In die Quali-Topten konnte damit nur Poldi einbrechen. Dabei profitierte er allerdings von dem technischen Schaden und der Reparaturzeit Jürgens, denn an seinem Ferrari hatte sich die hintere Haltebuchse am Chassis gelöst.

Das Beste kommt zum Schluss

Das Porschefestival der Qualiplätze 6-10 war ein Genuss für die Zuseher. Fast keine Chaosphasen bildeten die Grundlage für neue Bestweiten. Wie auf Schienen zogen die 917er ihre Kreise auf der Bahn. Werner rückte hierbei die Kräfteverhältnisse zurecht, aber Dirk blieb ihm auf den Fersen, genauso wie Nils, der auch im Rennen eine bärenstarke Leistung abrufen konnte. Reini überflügelte unterdessen Roland. Der beste Salzburgporsche im Hauptrennen war also rot und nicht wie im Qualifikationstraining blau.

Das Toprennen stand dann zunächst im Zeichen eines kollektiven Frühstarts und im Anschluss ganz unter der Dominanz Roberts, der einfach irrsinnig gut fuhr. Robert schaffte mit seinem Modell das, was im großen Wettbewerb nur einmal gelang: ein Sieg für den Ferrari 512M, so wie in Kyalami im Herbst des Jahres 1970. Im Original sah das damals so aus:

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Marcowitschs Porsche hatte unterdessen massiv Potential eingebüßt, denn sein Getriebefraß sorgte für reichlich Geräusche und zurückgehenden Speed. Am Mittwoch konnte sein 917er noch die gleichen Zeiten wie Robert gehen und auch an der 7,5er-Marke Bestzeiten setzen. Das ging am Freitag nicht mehr. Einen fehlerfreien Job lieferte er aber trotzdem ab, denn trotz Speedverlusts konnte er die schnellere Konkurrenz hinter sich lassen und auch Werner noch überflügeln. Alex und Jörg schafften dies allerdings nicht. Sie waren schneller, keine Frage, aber eben auch häufiger abseits des Slots unterwegs. Jörg hatte unterdessen das Glücksschwein gebucht. Einen einzigen Teilstrich hatte er sich als Vorsprung vor Dirk auf dem sechsten Platz gegönnt. Das war verdammt knapp. Denn so konnte nur Werner in das 5er-Feld der Besten im Schlusssprint einbrechen.

Das Schlusssprintfinale zeigte dann, dass es hier noch einmal deutlich enger zugehen kann. Alex schaffte es, Robert unter Druck zu setzen, eine echte Siegchance hatte er jedoch auch nicht, denn dafür machte er den einen Fehler zu viel. Unter dem Strich dauerte die Veranstaltung 75 Minuten länger als ursprünglich geplant, das war zwar nicht für alle optimal, aber die Resonanz für die Gesamtveranstaltung war überragend. Insbesondere die Ferngereisten genossen jede zusätzliche Renn- und Trainingsminute.

Kurz und gut: Es war eine sensationelle Veranstaltung. Einer Wiederholung sollte im Grunde nichts im Wege stehen.

Alex