Das zweite 5-Liter-Festival am blauen Rund des SR Kassel bot auch am zurückliegenden Karfreitag spannende Unterhaltung. In besonderer Weise erhielt der Spannungsbogen einen zusätzlich Kick dadurch, dass auch einige neue Modelle mit neuer Chassistechnik mit von der Partie waren und wir alle nicht so richtig wussten, wie sich diese Technik in das bestehende Fahrzeugfeld und das angepasste Reglement einfügen würde.

Während die neuen Chassis ungefedert und nur mit einem leicht beweglichen Motorpod ausgestattet sind, wiegen die alten Chassis gut 10 Gramm weniger, was dazu führt, dass sie reglementbedingt das fehlende Gewicht in den Karosserieflanken unterbringen müssen, zumindest bei den 917ern sind da, in Abhängigkeit vom Klarlackauftrag bis zu 12 Gramm nötig, während die nagelneuen Daytona-Gulf nur 1-2 Gramm zupacken müssen.

Hierbei handelte es sich möglicherweise um einen nicht zu unterschätzenden Vorteil, fürchteten einige. Bei den Ferrari stellte sich die Situation etwas anders dar. Da die Italienerin generell etwas schwerer ist und ältere Bausatzmodelle durch den Lackauftrag allein schon Übergewicht hatten, traf das auf die neue Penskeversion durch das schwerere Metallchassis erst recht zu.

Der Blick auf die Einsatzgewichte bestätigt die Unterschiede: Den leichtesten 917K setzte Roland mit den geforderten 165,0 Gramm ein, während Felix Escuderia Nacional 917K mit 169,3 Gramm 917K der schwerste war. Der darf also ruhig noch abspecken.

Bei den 512M war Jürgens mit 165,3 Gramm mit Abstand der leichteste. Robses rot-goldener Sebring-Ferrari drückte 169,8 Gramm, während Franks neuer Penskebolide immerhin satte 172,3 Gramm auf die Waage brachte. Ein mehrfarbiger Bausatz-512M mit neuer Chassistechnik wird so wohl automatisch über 175 Gramm liegen, fürchte ich.

Deutlich schnellere Zeiten als vor Jahresfrist

Nach so viel Unsicherheit im Vorfeld gingen dann abermals 25 Starter und eine Starterin an den Start, die gleiche Anzahl wie im Vorjahr, allerdings mit einer deutlich geringeren femininen Note. Gerade die Gäste profitierten dabei von einer entschärften Bahn. Die ausgetauschte Schikane nach Start-Ziel lässt sich jetzt flüssiger befahren, was sich dann in deutlich flotteren Rundenzeiten niederschlug. Vor Jahresfrist gab es fünf 7er-Qualizeiten, in diesem Jahr waren es vierzehn. Eine beeindruckende Temposteigerung.

Mit Carsten griff noch dazu ein echter Experte an der Kasseler Bahn neu in die 5-Liter-Historie mit ein und da er ein neues Chassis einsetzte, war das eine echte Benchmark, um zu sehen, was das neue Chassis im Vergleich zu den alten Federchassis so kann.

Man konnte sehr schnell sehen, die neue Technik ist bei der Musik, im Istzustand aber auch nicht jenseits davon. Der Federnachteil ist definitiv kein zu großer, da er vom Gewichtsvorteil des Chassis, denn knapp 10 Gramm sind in jedem Fall zusätzlich unten, ausgeglichen wird. Ein auf Federung umgerüstetes neues Chassis wäre vermutlich signifikant bevorteilt, wenn man diese Tuningoption zuließe. Testfahrten müssen einfach zeigen, ob und wie wir hier gegensteuern müssen.

Auf den Plätzen 21 bis 26 tummelten sich Rennbahnneueinsteiger und Gäste, welche die Bahn nicht oder nicht mehr kannten. Frank hätte man in dieser Gruppe mit Sicherheit noch gar nicht vermutet, sein 512M machte allerdings auch noch nicht den Eindruck, richtig final aussortiert zu sein. Insoweit war sein 512M geradezu erschreckend realitätsbezogen. Ich weiß, wovon ich rede, mir ging es später ganz ähnlich. Leider.

Die Qualifikanten 16 bis 20 wurden von dem grünen Fuji 917K Poldis angeführt. Das ging vor Jahresfrist schon deutlich besser, während Karstens gelb-grüner Auto Usdau 917K und Axels Penske 512er mit der #11 erstmals zu Rennmetern an der Kasseler Bahn gebeten wurden. Wirklich glücklich war Karsten damit bestimmt nicht.

Die dritte Gruppe wurde unterdessen von Joachim angeführt. Er musste sich meinem Werben im Vorfeld geschlagen geben und verstärkte somit als Clubmitglied das Startfeld. Sehr schön. Der gelb-rote AAW/Piper 917K machte in jedem Fall in seinen Händen eine gute Figur und im Rennen ging es dann weiter vorwärts. Axels Zeltweg-Gulf 917er scheiterte auf Platz 15 nur denkbar knapp an der 7-Sekunden-Marke. Für einen Premierenstart war auch das eine sehr beeindruckende Vorstellung.

Roland setzte den Norisring-917 direkt vor die Ferrari Alex´ und Jürgens. Die beiden Ferraristi scheiterten damit in diesem Jahr an ihrem Projekt, ihre Modelle erneut für den Toplauf zu qualifizieren. Neben ihnen standen noch die Porsche Fabiennes und Reinis, zwei Schönheiten der Vergangenheit. Zwischen 7,75 und 7,89 Sekunden je Runde lagen die Zeiten der Plätze 6 bis 10. Im Vergleich zur Top-5 war dieses Quintett allerdings schon relativ deutlich abgerutscht.

Alle Qualifizierten der Topgruppe unterboten die Klippe von 7,7 Sekunden. Diese war dank Robse jedoch kein reines Porschefestspiel. Zum Glück.

Thomas als Fünfter drückte eine 7,67, während Robse an der Spitze als Einziger mit 7,54 Sekunden sogar die nächsten Zehntelklippe unterbieten konnte. Marcowitsch fuhr mit 7,62 Sekunden auf Startplatz “2”, ganz knapp vor dem neuen Chassis Carstens, der eine Hundertstel dahinter als Dritter ausrollte, während Jörg den Toplauf mit dem wunderschönen Karlskoga-Hippie komplettierte. Das Topfeld war damit mit Ausnahme des rot-goldenen Polesitters ziemlich blau getönt: Gesipa-blau, Salzburg-blau, Gulf-hellblau und Hippie-violett.

Rennreflektionen aus den Einzelgruppen…

Stefan S. zeigte seinen Mitkonkurrenten im ersten Lauf von Beginn an die Rücklichter. Der mit dem neuen Chassis ausgestattete Gulf-Porsche lief glänzend und ging richtig vorwärts. Mit über 175 Runden distanzierte er nicht nur seine fünf Mitstreiter in seinem Gruppenlauf deutlich, sondern auch noch einige andere, die bedeutend bessere Qualizeiten erreichten.

Auch Frank konnte noch einige Plätze im Vergleich zur Qualifikation gutmachen, während das hintere Quartett von Uli H. angeführt wurde und er sich damit als 23ster vor Waldemar, Micha und Stefan O. setzte.

Die Qualifikanten 1-20 boten einen bunten Mix der Renngeschichte der Jahre 1970 und 1971. Der schnellste Ferrari oben links rannte in Sebring/Nordamerika, der gelbe Hippie in der zweiten Gruppe lief in Kyalami/Südafrika und in der dritten Gruppe fiel der weiße Escuderia Nacional 917K aus der Reihe, denn er ging in Buenos Aires/Südamerika an den Start. In jeder Hinsicht besonders war der grüne 917K unten links. Er hat ein Einsatzauto aus Fuji/Japan zum Vorbild. Der überwiegende Rest der Einsatzmodelle rollte stattdessen über europäische Rennstrecken. Über Le Mans, Brands Hatch, Karlskoga, den Nürburgring, Norisring, Zeltweg oder Monza, nur um einige zu nennen.

Poldi, der vor Jahresfrist noch deutlich besser performte, hatte in seinem Rennen Pech, denn sein ACD-Regler verabschiedete sich im Rennverlauf. Laut eigener Aussage lag das an seiner individuellen Linkshänder-Drückkultur um Abzug. Sachen gibts. Kevin konnte sich währenddessen gegenüber Chrizz und Axel T. behaupten.

Letzterer konnte sogar noch den Martini 917K hinter sich lassen. Für einen Erststart mit einem Ferrari war das fraglos eine sehr ordentliche, nein eine wirklich gute Performance.

Deutlich vor allen anderen drehte unterdessen Karsten L. mit dem gelb-grünen 917K seine Runden und rückte damit das verhunzte Qualifying zurecht. Mit über 183 Runden schaffte er so am Ende noch den Sprung in die Top-Ten. Das fühlte sich schon sehr viel besser an, keine Frage.

Joachim und auch Felix zeigten von Beginn an, dass sie sich einiges vorgenommen hatten. Beide hatten sofort die Benchmark Karstens im Visier. Doch während Joachim Karsten noch abfangen konnte und um eine gute halbe Runde überflügelte, fehlte in etwa diese Weite Felix, um sich auch noch an Karsten vorbeipressen zu können.

Knödl, Florian und Axel H. mussten da im Vergleich sehr schnell abreißen lassen. Florian rutschte somit auf den siebzehnten Gesamtwertungsplatz ab. Axel H. gelang hingegen das kleine Kunststück, mit seinem Zeltweg-#15er den #16er Knödls noch zu überflügeln. Das war für einen Erststarter auf fremden Geläuf extrem beachtlich. Die Gesamtwertungsplätze “14” und “15” waren damit vergeben, um ein Haar hätte das mit den Startnummern sogar gepasst. Ich weiß zumindest, wer dieser Besonderheit im Wege stand.

Denn in der Folgegruppe stellte sich für Alex Apokalyptisches ein. Sein ohnehin nervöser NART-512M verlor im Rennverlauf eine Schraube und der jetzt viel zu große Wackel machte aus der roten Fuhre ein unkalkulierbares Etwas. Rasend schnell ging es abwärts in der Klassierung. Am Ende warf die Zeitnahme einen zweiundzwanzigsten Platz aus. Das war schon ziemlich übel und vor allen Dingen versaute er damit auch die Rennen der Mitfahrenden, denn die vielen notwendigen Chaosunterbrechungen bremsten alle gemeinschaftlich ein. Doch ungeachtet dieser multiplen Missgeschicke rollten Jürgen, Roland und Reinz jeweils bei über 188, 187 und 186 Runden aus. Einzig Fabienne verpasste nur ganz knapp mit 179,8 Runden diese einschneidende Klippe. Respekt, Respekt.

Die Topgruppe wusste somit von Beginn an, dass sie sich würde strecken müssen. Und das taten sie auch. Nach der Rennhälfte lag Marcowitsch vor Robse und Carsten, mehr oder weniger in der gleichen Runde. Jörg war ultraschnell unterwegs, ihm unterliefen aber zu viele Fehler, während Thomas nicht ganz das Tempo der Top-4 halten konnte. Es war wirklich knapp und ich hätte gern ein Weitenergebnis Jürgens, Rolands und Reinz´ ohne meinen Murks gesehen.

Während Thomas mit über 185 Runden als Achter direkt hinter Jörg ins Ziel einlief, konnten sich am Ende Robse mit 191,5 Runden und Carsten mit gut 190 Runden an der Spitze klassieren. Marcowitsch hatte unterdessen Pech, da ein Abflug auf Spur “3”  den Wackel klemmen ließ und dieses Ungemach kostete ihn im Anschluss auf der fünften Spur gleich einmal drei satte Runden. Dadurch konnte er Jürgen und Roland nicht mehr einfangen, zwei Unfälle mehr und Reinz wäre sogar noch in die Top-5 eingebrochen. Das wäre etwas gewesen.

So konnten wir abermals auf ein tolles Rennen zurückblicken und ich bin gespannt, ob der 5-Liter-Scaleracing-Gedanke am Tag der Deutschen Einheit wirklich nach Gießen schwappt. Vorreserviert ist dieses Event in jedem Fall schon einmal. Ich bin neugierig.

Alex